Recht & Sammeln
Recht & Sammeln
Wildkräuter sammeln: Rechtliche Grundlagen in Deutschland
So nutzt du diese Seite
Beginne mit der Handstraußregel, prüfe Schutzgebiete& Eigentum, orientiere dich an den Mengen‑Anhaltspunkten und folge der Sammelpraxis‑Checkliste. Bei Unsicherheiten hilft das Glossar – und für sichere DIY‑Rezepte die Vorrat & DIY ‑Rubrik.
📑 Inhaltsverzeichnis
Die Handstraußregel – einfach erklärt (§ 39 BNatSchG)
§ 39 BNatSchG schützt wild lebende Tiere und Pflanzen. Zugleich erlaubt er die sogenannte Handstraußregel: „Wild lebende Pflanzen dürfen in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnommen und genutzt werden, soweit dem keine anderen Rechtsvorschriften entgegenstehen.“
- Persönlicher Bedarf: Privat, nicht gewerblich. Verkauf oder großflächiges Ernten ist ausgeschlossen.
- Geringe Menge: Es gibt keine Zahl im Gesetz – entscheidend sind Schonung und Vermeidung von Schäden am Bestand (siehe Anhaltspunkte ).
- Pfleglich: Wurzeln schonen, Pflanzen nicht ausreißen, nur Teilmengen entnehmen, keine Bestände ausdünnen.
- Grenzen: Kein Sammeln in verbotenen Schutzgebieten, keine geschützten Arten, kein Betreten verbotener Flächen, keine Eigentumsverletzung.
„Geringe Mengen“ – praxisnahe Anhaltspunkte (ohne Gewähr)
Das Gesetz definiert keine Grammzahl. Für naturverträgliches Sammeln haben sich folgende Richtwerte bewährt – gesundem Menschenverstand und Bestandssituation folgend:
Pflanzenteil | Anhaltspunkt je Person/Tag | Begründung & Praxis |
---|---|---|
Blätter (z. B. Brennnessel , Spitzwegerich ) | 1–2 Handvoll je Art | Nur oberen Teil ernten, Triebe stehen lassen; nie kompletten Bestand abernten. |
Blüten (z. B. Ringelblume Garten mit Erlaubnis, wild: Wiesenblumen sparsam) | Ein kleiner Strauß | Bestäuber schonen; an jeder Pflanze Blüten stehen lassen. |
Früchte/Beeren (z. B. Holunder , Hagebutte) | Kleine Schüssel | Immer Fruchtträger für Tiere stehen lassen, Rückzugsräume respektieren. |
Samen (z. B. Brennnesselsamen) | 1–2 Tassen | Nur Teil des Stocks ernten, Vögel & Insekten mitdenken. |
Wurzeln (selten empfehlenswert) | Im Zweifel nicht | Entnahme schädigt Bestand; nur häufige Arten, nur Mini‑Mengen, nie in Schutzgebieten. |
Eigentum & Betretungsrecht – was du wissen musst
- Privatgrund: Sammeln nur mit Erlaubnis. Zäune, Hecken, Gärten, Obstwiesen – fragen.
- Wald & offene Landschaft: Betreten ist zur Erholung meist erlaubt (Landesrecht). Sammeln gilt zusätzlich – nur, soweit die Handstraußregel greift und keine Verbote entgegenstehen.
- Landwirtschaftliche Flächen: Keine Ernte in Ackerfrüchten/Heu; Feldränder nur, wenn erlaubt und ohne Schaden (Rücksicht auf Wildtiere, Bodenbrüter).
- Wege & Straßenränder: Abstand zu Straßen, Hundeplätzen und belasteten Flächen halten; Gesundheitsaspekt, nicht primär rechtlich.
Schutzgebiete: Was gilt wo?
In Schutzgebieten sind Entnahmen oft verboten oder stark eingeschränkt. Maßgeblich sind die Gebietsverordnungen vor Ort.
Gebietstyp | Grundsatz | Details & Tipps |
---|---|---|
Naturschutzgebiet (NSG) | In der Regel kein Sammeln | Meist striktes Entnahmeverbot. Wegegebot beachten. Vor Ort beschildert. |
Nationalpark | Kein Sammeln | „Natur Natur sein lassen“ – Entnahmen grundsätzlich untersagt. |
FFH-/Natura‑2000‑Gebiete | Einzelfallabhängig | Handstrauß kann eingeschränkt sein. Verordnungen lesen oder Behörde fragen. |
Landschaftsschutzgebiet (LSG) | Oft zulässig im Rahmen der Handstraußregel | Aber: je nach Verordnung zusätzliche Verbote möglich. Tafeln/Verordnung beachten. |
Naturpark/Biosphärenreservat | Variiert | Kernzonen streng, Pflege-/Entwicklungszonen lockerer. Infos der Träger beachten. |
Artenschutz & besonders geschützte Arten
Neben § 39 BNatSchG gilt der besonderer Artenschutz(§ 44 BNatSchG in Verbindung mit Bundesartenschutzverordnung). Besonders geschützte und streng geschützte Arten dürfen nicht entnommen werden. Dazu gehören z. B. die meisten Orchideen, einige seltene Heilpflanzen und regional gefährdete Arten.
- Deine Pflicht: Nur sammeln, was du sicher bestimmst und was häufig ist. Bei Unsicherheit: stehen lassen, Bestimmung nutzen.
- Blütenreiche Wiesen: Blüten für Insekten stehen lassen oder nur sehr sparsam ernten.
- Wurzeln/Sprosse: Grundsätzlich vermeiden; sie schwächen Bestände.
Gute Sammelpraxis & Ethik
- Erkenne sicher: Nutze Bestimmung und vergleiche mehrere Merkmale. Nie sammeln, wenn du dir nicht sicher bist.
- Ernte verteilt: Nie einen Bestand „leerräumen“; nur kleine Teile an vielen Stellen.
- Werkzeuge sauber: Schere/Messer sauber halten; Pflanzen nicht ausreißen.
- Rücksicht: Keine Brutplätze/Biotope betreten; Wege nutzen, wenn Gebote bestehen.
- Verarbeitung: Ernte nur, was du zeitnah nutzen kannst – für Rezepte siehe Wildkräuter‑Küche oder Vorrat & DIY.
Bundesländer‑Check – warum regionale Regeln zählen
Das Betretungsrecht (Wald/Flur) und Details zur Nutzung regeln die Länder(z. B. Waldgesetze, Naturschutzgesetze, Gebietsverordnungen). Deshalb können sich Vorschriften zwischen Bundesländern unterscheiden. Grundprinzip: Handstrauß gilt , sofern keine spezielleren Verbote entgegenstehen.
- Vorbereitung: Informiere dich über dein Gebiet: Liegt es im NSG, Nationalpark oder LSG? Gibt es Beschilderung?
- Ansprechstelle: Untere Naturschutzbehörde (Landkreis/Stadt) oder Naturpark-/Nationalparkverwaltung.
- Verordnungen: Oft online im Portal der Kommune/Landesbehörde (Stichwort: „Verordnung + Name des Gebiets“).
Typische Fehler & Folgen
Fehler | Warum problematisch | Alternative/Empfehlung |
---|---|---|
Großes Körbchen im NSG füllen | Entnahmeverbot; Störung von Lebensräumen | NSG meiden; außerhalb auf häufige Arten beschränken |
Wurzeln ausstechen | Schädigt Bestände | Nur Blätter/Triebspitzen von häufigen Arten ernten |
Unklare Bestimmung | Verwechslungsgefahr, evtl. geschützte/ungenießbare Art | Bestimmen , stehen lassen, später zurückkehren |
Ernte für Verkauf | Nicht vom Handstrauß gedeckt | Nur privater Bedarf; Gewerbe braucht Erlaubnisse |
Sammeln im Garten des Nachbarn | Eigentumsverletzung | Erlaubnis einholen oder öffentliche Flächen nutzen |
Praxisbeispiele – so entscheidest du richtig
- Bärlauch im Stadtwald: Außerhalb von Schutzgebieten, kleine Menge für ein Abendessen, pfleglich schneiden, keine Zwiebeln entnehmen – i. d. R. okay. In NSG: nicht ernten.
- Löwenzahn auf der Obstwiese: Privatgrund – nur mit Erlaubnis. Am Feldrand ohne Verbot: kleine Menge Blätter – okay; Blüten für Insekten stehen lassen.
- Brennnesselsamen am Weg: Wegrand fern von Straßen/Verunreinigung wählen; nur Teil der Samenstände – okay.
- Holunder im Naturschutzgebiet: Auch einzelne Dolden: nicht ernten. Außerhalb: kleine Menge, schonend schneiden – okay.
Saison & Orte planen – vorausschauend, sicher, schmackhaft
Plane dein Sammeljahr mit dem Saisonkalender und weiche auf häufige Arten aus. In der Küche helfen dir die Wildkräuter‑Rezepte , in der Vorratshaltung Vorrat & DIY (z. B. Kräutersalz , Kräuteressig ).
FAQ – Häufige Fragen
Gilt die Handstraußregel überall?
Nein. Sie gilt grundsätzlich, sofern keine spezielleren Verbote entgegenstehen (z. B. NSG, Nationalpark, streng geschützte Arten, Eigentum). Vor Ort informieren.
Wie erkenne ich, ob ich in einem Schutzgebiet bin?
Beschilderung beachten („Naturschutzgebiet“, „Landschaftsschutzgebiet“). Karten/Verordnungen sind meist online bei Kommune/Landkreis verfügbar. Im Zweifel: nichts entnehmen.
Darf ich Kräuter am Straßenrand sammeln?
Rechtlich oft nicht ausdrücklich verboten, aber nicht empfehlenswert (Belastungen, Hunde). Besser abseits belebter Wege sammeln.
Wie viel ist „geringe Menge“?
Nicht gesetzlich beziffert. Orientiere dich an schonenden Anhaltspunkten und daran, dass Bestände nicht sichtbar reduziert werden.
Darf ich für Workshops/Kurse sammeln?
Für gewerbliche Zwecke greift die Handstraußregel nicht. Es können Genehmigungen erforderlich sein. Vorher mit Behörden klären.
Gilt die Regel auch für Pilze oder Wildfrüchte?
Grundsätzlich ja (persönlicher Bedarf, geringe Mengen) – aber Schutzgebiets‑, Artenschutz‑ und Eigentumsregeln gelten genauso.
Was, wenn ich angesprochen werde?
Freundlich bleiben, Situation erklären, Körbchen zeigen (kleine Menge), ggf. Ausweis. Bei Verstößen kann ein Verwarngeld/Bußgeld drohen.
Interne Verlinkung – dein Weg zu Praxis & Sicherheit
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Quellen (Gesetzestexte & Orientierung)
- § 39 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG): Allgemeiner Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen; Handstraußregel („geringe Mengen“, „pfleglich“, persönlicher Bedarf).
- § 44 BNatSchG: Besonderer Artenschutz; Verbote für besonders/streng geschützte Arten.
- Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV): Listet besonders/streng geschützte Arten in Deutschland.
- Landesnaturschutz- & Waldgesetze: Betretungsrecht von Wald/Flur, regionale Detailregelungen zur Nutzung.
- Gebietsverordnungen: Verordnungen zu Naturschutzgebieten, Nationalparks, Biosphärenreservaten, Landschaftsschutzgebieten – maßgeblich für Entnahmen vor Ort.
- Hinweis zur Aktualität: Maßgeblich ist die jeweils aktuelle Fassung der Gesetze/Verordnungen (z. B. im amtlichen Portal „Gesetze im Internet“). Diese Seite fasst praxisnah zusammen, ersetzt aber keine amtliche Auskunft.
Rechtlicher Hinweis
Diese Seite bietet allgemeine Informationen zur Rechtslage beim Sammeln von Wildkräutern in Deutschland (Handstraußregel, Schutzgebiete, Artenschutz). Sie ist keine Rechtsberatung und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Recht wirkt mehrstufig(Bund, Land, Gebiet) und kann sich ändern. Verbindlich sind die jeweils geltenden Gesetze/Verordnungen und Auskünfte der zuständigen Behörden. Für Gesundheit & sichere Anwendung siehe Gesundheits‑Hausapotheke sowie das Glossar ; für Rezepte & Vorrat: Wildkräuter‑Küche und Vorrat & DIY.