Grundlagen & Sicherheit: Was bedeutet „Tinktur mischen“?
Eine Tinktur ist ein Auszug von pflanzlichen Bestandteilen in einem Lösungsmittel, das die gewünschten Wirkstoffe herauslöst und stabil hält. Klassisch ist Ethanol (Trinkalkohol) mit 40–70 Vol.-%: vielseitig, zuverlässig, lang haltbar. Daneben gibt es Essigauszüge (kulinarischer, mild, alkoholfrei) und Glycerite (mit pflanzlichem Glycerin, süßlich, häufig für alkoholfreie Anwendungen). Beim Mischen unterscheidet man zwei Dinge: (1) verschiedene Kräuter gemeinsam ausziehen (eine Mehrkräuter-Tinktur) oder (2) bereits fertige Einzeltinkturen in einem definierten Verhältnis kombinieren (eine Blend oder „Komposition“). Letzteres ist für Einsteiger besonders kontrollierbar, weil du jede Einzeltinktur separat sauber herstellst und später flexibel kombinierst.
In der Praxis haben sich Gewichts-zu-Volumen-Verhältnisse bewährt, z. B. 1:5(1 Teil getrocknetes Pflanzenmaterial zu 5 Teilen Lösungsmittel) oder bei frischen Kräutern 1:2. So dokumentierst du reproduzierbar – ideal für spätere Mischungen.
- Nur geeigneten Trinkalkohol aus dem Handel verwenden. Technische Alkohole sind ungeeignet.
- Glas, sauberes Arbeiten und klare Etiketten sind Pflicht (Pflanze, Verhältnis, Alkoholstärke, Datum).
- Alkohol ist entzündlich und nicht für jede Person geeignet. Für Kinder/Schwangere/Stillende sind alkoholfreie Alternativen wie Glycerit/Essigauszug zu prüfen.
- Bei bekannten Allergien, Vorerkrankungen oder Medikamenteneinnahme immer individuell abklären.
Lösungsmittel im Überblick
- Ethanol (40–70 %): universell, löst viele Wirkstoffklassen, sehr gute Haltbarkeit.
- Essig (5–10 %): kulinarisch, mild, ideal für Küchenanwendungen (z. B. Kräuteressig).
- Glycerin (pflanzlich, 60–70 % w/w): alkoholfrei, süßlicher Geschmack, löst manche Stoffe schwächer, dafür oft beliebt bei sensiblen Gruppen.
Material & Sauberkeit
- Gewaschene Schraubgläser oder Braunglasflaschen, saubere Trichter, Filter (Kaffee- oder Stofffilter), Messbecher/Feinwaage.
- Beschriftung: Pflanze, Teil (Blüte, Blatt, Wurzel), Verhältnis (z. B. 1:5), Alkoholstärke, Ansatzdatum, Abfiltern-Datum.
- Direkte Sonne vermeiden; kühl und dunkel lagern.
Schritt‑für‑Schritt: Von der Einzeltinktur zur Mischung
1) Einzeltinktur ansetzen
- Pflanze vorbereiten: getrocknet und grob zerstoßen (fördert die Oberfläche). Bei frischem Material die Feuchte berücksichtigen (häufig 1:2).
- Verhältnis wählen: z. B. 1:5 (getrocknet) – exakt abwiegen (Gewicht) und Lösungsmittel abmessen (Volumen).
- Ansatz: Kräuter in Glas geben, mit Lösungsmittel bedecken, alles leicht bewegen, bis keine trockenen Nester bleiben.
- Extraktion: 10–21 Tage bei Raumtemperatur, dunkel lagern; täglich kurz schwenken.
- Filtern & umfüllen: durch Filter abseihen, in Braunglas füllen und beschriften.
2) Mischung (Blend) herstellen
Jetzt kombinierst du fertige Einzeltinkturen in einem definierten Verhältnis. Vorteil: Du kannst jede Komponente sensorisch prüfen, anpassen oder austauschen. Bewährt hat sich das Arbeiten mit kleinen Testmengen (z. B. 10 ml Gesamtmenge).
- Beispiel: 40 % Lavendel (Aromatik), 40 % Spitzwegerich (klassischer Krautauszug), 20 % Weihrauch (harziger Akzent). Gut verrühren, 24 h ruhen lassen, erneut prüfen.
- Klarheit & Stabilität: Bei Trübungen erneut fein filtern; Harzlastiges (z. B. Weihrauch ) braucht oft höhere Alkoholstärke.
- Dokumentation: Mischprotokoll notieren (Datum, %-Anteile, Eindrücke). So kannst du später reproduzieren.
Starte mit 10–20 ml Testmischung. Wenn der Blend passt, skaliere auf 100 ml oder mehr – das spart Material und Nerven.
Benötigte Kräuter: Auswahl sinnvoll kombinieren
Statt „alles rein“ zu mischen, wähle ein klares Ziel(Aromatik, Küche, Körperpflege, Raumduft) und 2–3 Pflanzen, die sich ergänzen. Einfache, aufgeräumte Kompositionen sind oft überzeugender und besser reproduzierbar.
- Blüten & Duft: Lavendel , Ringelblume, Rose (getrocknet, duftstabil).
- Grüne Klassiker: Spitzwegerich , Schafgarbe, Arnika (für äußere Anwendungen beachten!).
- Harzige Noten: Weihrauch (Boswellia) – benötigt oft höhere Alkoholstärke und Geduld beim Filtern.
- Kulinarik: Quendel/Thymian, Rosmarin, Salbei – auch als milder Kräuteressig reizvoll.
Saisonale Kräuter-Ideen findest du im Kräutermonat Mai. Für Haut‑Themen lohnt ein Blick in Heilpflanzen für die Haut. Und wenn du unsicher bist, welche Pflanze passt: Zur richtigen Pflanze.
Arnika wird traditionell äußerlich genutzt; innerliche Anwendungen sind nicht angezeigt. Beachte immer die pflanzenspezifischen Hinweise auf den jeweiligen Pflanzenseiten.
Aufbewahrung & Vorrat: So bleibt deine Mischung stabil
- Dunkelglas(Braun/Schwarz) schützt vor Licht.
- Kühl & trocken lagern, Temperaturschwankungen vermeiden.
- Saubere Pipetten/Tropfer verwenden; Kontakt mit Haut vermeiden, um Keime fernzuhalten.
- Etikett mit Mischverhältnis, Komponenten, Alkoholstärke und Ansatz-/Abfüll-Datum.
- Stichprobe alle paar Monate: Geruch, Klarheit, Absetzstoffe prüfen; bei Bedarf nachfiltern.
Eine einfache Notiz (Datum, Chargenname, Rezept, Sinneseindruck) macht deine Arbeit reproduzierbar – gerade, wenn du saisonal (z. B. nach dem Mai ) ansetzt.
Typische Fehler vermeiden
- Unpräzise Verhältnisse: „Handvoll“ ist keine Maßeinheit. Wiege Kräuter und miss das Lösungsmittel ab.
- Zu kurz extrahiert: Viele Ansätze brauchen 2–3 Wochen. Geduld zahlt sich aus.
- Falsche Alkoholstärke: Harze/ätherische Öle benötigen häufiger höhere Prozentzahlen; Essig oder Glycerin extrahiert anders.
- Schlechte Filtration: Trübungen entstehen oft durch zu grobe Filterung – feiner nachfiltern.
- Unklare Beschriftung: Ohne Etikett ist die beste Tinktur wertlos. Immer Name, Verhältnis, Prozent, Daten notieren.
- „Alles in eins“: Zu viele Zutaten erschweren Geschmack, Einsatz und Reproduzierbarkeit.
Praktische DIY‑Tipps für starke Ergebnisse
Reduziere Komplexität
Starte mit 2–3 Kräutern. Später kannst du eine „Edition“ (z. B. Winter/Frühling) entwickeln und feinjustieren.
Aromatische Balance
Lavendel bringt oft die Brücke zwischen grünen Kräutern und harzigen Noten. Eine Grundidee: Basis(Kraut), Akzent(Duft/Harz), Rundung(Blüte oder Gewürz).
Testen wie Profis
- Kleine Triangel-Tests: A/B vergleichen, 24 h ruhen lassen, blind bewerten.
- Bei Essig- oder Glycerit-Blends die Viskosität berücksichtigen – Tropfen zählen kann variieren.
Kulinarische Abzweigung
Für die Küche sind Essigauszüge oft erste Wahl. Ein Quendel‑Rosmarin‑Essig passt saisonal – Inspiration liefert Mai.
- Duft‑Klassiker: 50 % Lavendel , 30 % Schafgarbe, 20 % Rose.
- Grün & klar: 60 % Spitzwegerich , 40 % Lavendel.
- Harz‑Akzent: 70 % Lavendel , 30 % Weihrauch (ggf. höhere Alkoholstärke einplanen).
FAQ: Häufige Fragen zum Tinkturen‑Mischen
Welche Alkoholstärke ist allgemein sinnvoll?
Frisch oder getrocknet – was ist besser?
Wie lange ist eine Tinktur haltbar?
Kann ich verschiedene Einzeltinkturen einfach zusammenkippen?
Was ist, wenn Alkohol für mich nicht passt?
Die Inhalte dienen der allgemeinen Information über traditionelle und persönliche Anwendungen von Heilpflanzen. Sie ersetzen keine ärztliche Beratung, Diagnose oder Behandlung. Bei gesundheitlichen Beschwerden wende dich bitte an eine medizinische Fachkraft.
