Odermennig – Sanfte Bitterpflanze für Verdauung & Kehle
Odermennig(Agrimonia eupatoria), auch "Kleiner Odermennig" oder "Leberklette" genannt, ist eine eher unscheinbare, doch kraftvolle Heilpflanze mit langer Tradition. Seine schlanken, gelben Blütenähren sind typisch für Sommerwiesen und Waldränder – doch seine Wirkung reicht weit über den ersten Blick hinaus.
Botanik & Erkennungsmerkmale
Odermennig gehört zur Familie der Rosengewächse. Er wächst 30 bis 100 cm hoch und bildet unverwechselbare, gefiederte Blätter mit behaarter Unterseite. Die gelben, kleinen Einzelblüten stehen in langen Ähren und verströmen einen zarten Duft. Die Frucht hat kleine Haken, die an Kleidung oder Tierfell haften bleiben – eine kluge Strategie zur Verbreitung.
Standorte & Sammelzeit
Odermennig liebt sonnige, eher trockene Standorte – Wegränder, Wiesen, Waldränder. Die beste Sammelzeit für das Kraut ist zwischen Juni und August, wenn die Pflanze in voller Blüte steht. Es werden die oberen Pflanzenteile geerntet, möglichst an einem trockenen, sonnigen Tag.
Inhaltsstoffe & Wirkung
Die Kraft des Odermennigs liegt in seiner Kombination aus:
- Bitterstoffen
- Gerbstoffen (v. a. Agrimoniin)
- Flavonoiden
- Ätherischem Öl
- Kieselsäure und Schleimstoffen
Diese Mischung wirkt adstringierend (zusammenziehend), entzündungshemmend und leicht tonisierend auf Schleimhäute und Verdauungstrakt.
Heilanwendungen von Odermennig
Odermennig wird traditionell bei Verdauungsstörungen, leichter Leber- und Gallenbelastung sowie bei Heiserkeit und Halsschmerzen eingesetzt. Auch zur Stärkung der Blase und gegen Durchfall wird er genutzt. Seine gerbstoffreichen Auszüge helfen, die Schleimhäute zu regenerieren und überschüssige Feuchtigkeit zu binden.
Volksmedizin & Geschichte
In der Volksheilkunde war Odermennig als "Leberkraut" und "König aller Heilpflanzen" bekannt. Schon die alten Griechen und Römer nutzten ihn bei Leberleiden und innerer Reinigung. Im Mittelalter wurde er in vielen Klostergärten angebaut.
Pfarrer Kneipp empfahl Odermennig bei „schwachem Magen“, aber auch bei Milz- und Leberproblemen. Auch Hildegard von Bingen kannte ihn als mildes Mittel zur inneren Reinigung.
Anwendungsmöglichkeiten
Odermennig wird meist als Tee , Tinktur oder Gurgellösung verwendet:
- 1 TL getrocknetes Kraut mit 250 ml heißem Wasser übergießen
- 10 Minuten ziehen lassen
- Abseihen und langsam trinken oder zum Gurgeln nutzen
Für die Gurgellösung kann der Sud auch konzentrierter angesetzt werden (2 TL auf 150 ml).
Nachhaltigkeit & Gartenanbau
Odermennig ist eine genügsame Pflanze, die sich auch im naturnahen Garten ansiedeln lässt. Wichtig sind sonnige Plätze mit lockerem Boden. Er ist ein Magnet für Insekten und eine wertvolle Ergänzung für Kräuterbeete. Die Ernte erfolgt kurz vor der Vollblüte – dann sind die Inhaltsstoffe am höchsten.
Kulinarische Nutzung?
In der Küche spielt Odermennig keine große Rolle – sein Geschmack ist leicht herb, aber nicht unangenehm. Man kann das frische Kraut in kleinen Mengen in Teemischungen oder Salzen verarbeiten.
Vorsicht & Nebenwirkungen
Odermennig gilt als sehr gut verträglich. Bei übermäßiger Einnahme kann es – durch den hohen Gerbstoffgehalt – zu Reizungen des Magens kommen. Schwangere und Menschen mit chronischen Magenleiden sollten vor einer Anwendung ärztlichen Rat einholen.
Fazit
Odermennig ist ein stiller Heiler: unscheinbar im Aussehen, aber voller kraftvoller Eigenschaften. Wer seine vergessenen Kräfte wiederentdeckt, bereichert nicht nur seine Hausapotheke, sondern auch das eigene Wissen über heimische Heilkräuter. Ideal für Sommertees , Gurgellösungen und als milder Bitterspender.
Quellen (Auswahl):
- "Altes Kräuterwissen neu entdeckt", M. Hofmann
- "Volksheilkunde Europas", U. Beutler
- Phytothek der Apotheken Umschau, 2024