Vogelmiere (Stellaria media) – Forschung & Evidenz
Die Vogelmiere ist ein unscheinbares Wildkraut, das fast überall dort wächst, wo der Boden offen und feucht ist.
Botanisch gehört sie zu den Nelkengewächsen (Caryophyllaceae) und kommt heute weltweit vor. Typische Merkmale
für die sichere Bestimmung sind die scheinbar zehn Blütenblätter
(tatsächlich sind es fünf, jeweils tief eingeschnitten)
und eine einseitige Haarlinie am Stängel. Sie ist einjährig, essbar und blüht über weite Teile des Jahres. :contentReference[oaicite:0]{index=0}
Inhaltsstoffe (Auswahl)
- Flavonoide & Phenolsäuren:
u. a. Apigenin‑, Luteolin‑, Kaempferol‑Glykoside, Caffein‑ und Ferulasäure; tragen zu antioxidativen Effekten bei.
- Triterpen‑Saponine (oleanan‑Typ):
bisher wenige, aber nachgewiesene Saponine; Gesamtgehalte variieren je nach Extrakt. :contentReference[oaicite:2]{index=2}
- Oligosaccharide:
charakteristische Galactosyl‑Oligosaccharide wie Stellariose
und Mediose. :contentReference[oaicite:3]{index=3}
- Mineralstoffe & Aminosäuren:
Studien berichten über ein Spektrum essenzieller Aminosäuren und Mineralien (z. B. Ca, Fe, Zn) – exakte Werte hängen stark von Standort, Erntezeit und Analytik ab. :contentReference[oaicite:4]{index=4}
Pharmakologie: Was im Labor beobachtet wurde
Antioxidativ & Enzymhemmung:
Verschiedene Extrakte (Wasser, Ethanol, Ethylacetat) zeigten in vitro
ausgeprägte Radikalfänger‑Eigenschaften und hemmten u. a. Schlüsselenzyme der Kohlenhydrat‑/Lipidverdauung;
dies sind Hinweise
auf mögliche metabolische Effekte, aber keine klinischen Beweise. :contentReference[oaicite:5]{index=5}
Antientzündlich/analgetisch:
Tiermodelle berichten über schmerzlindernde und entzündungshemmende
Effekte methanolischer/ethanolischer Blattextrakte (z. B. Formalin‑Test, Albumin‑Ödem). Aussagen zur Dosierung
beim Menschen lassen sich daraus nicht ableiten. :contentReference[oaicite:6]{index=6}
Antiviral (Zellkultur):
Ein wässriger Frischsaft‑Fraktion ( SM‑3
) hemmte in vitro die Sekretion von HBsAg/HBeAg
und die HBV‑DNA in HepG2.2.15‑Zellen. Außerdem wurde aus der Pflanze ein peroxidase‑ähnliches Glykoprotein
( Stellarmedin A
) isoliert, das HSV‑2 in vitro hemmen konnte. Das sind frühe Befunde aus Zellmodellen,
keine klinischen Daten. :contentReference[oaicite:7]{index=7}
Wundheilung (in vitro):
Ein Ethanolextrakt förderte die Zellmigration im Kratz‑Assay und zeigte Aktivität
gegen Staphylococcus aureus
; klinische Studien fehlen. :contentReference[oaicite:8]{index=8}
Fazit: Das Laborbild ist konsistent mit antioxidativen, mild antientzündlichen und antimikrobiellen Effekten – belegt
sind sie bisher überwiegend in vitro oder im Tiermodell, nicht in hochwertigen Studien am Menschen.
Ernährung & Sammelpraxis
Junge Triebe, Blätter, Blüten und Samen gelten als essbar und werden traditionell roh oder kurz erhitzt verwendet.
Wie viele Blattgemüse enthält die Pflanze Saponine
(bittere Sekundärstoffe), die durch Erhitzen reduziert werden;
große Rohmengen sind nicht sinnvoll. :contentReference[oaicite:10]{index=10}
Nitrate:
Blattgemüse können – abhängig von Licht, Düngung und Jahreszeit – relevante Nitratmengen anreichern.
Das ist ein generelles Thema bei grünen Blättern (z. B. Spinat, Salate). Für Wildsammler heißt das: sonnig gewachsene,
nicht überdüngte Bestände bevorzugen und Kleinkinder gesondert beachten. Konkrete Messdaten schwanken, die
Rahmenbedingungen sind gut untersucht. :contentReference[oaicite:11]{index=11}
Schadstoffe/Schwermetalle:
Für Stellaria media gibt es Hinweise, dass sie keine
klassische
Hyperakkumulatorin ist; die Aufnahme von Nickel/Zink hängt u. a. vom pH‑Wert ab (Hydrokultur‑Versuche).
Deshalb: nicht an Straßenrändern, Industrie‑ oder Hundezonen sammeln. :contentReference[oaicite:12]{index=12}
Risiken, Wechselwirkungen & Rechtliches
- Kontaktreaktionen:
Selten wurden Hautreaktionen nach Kontakt mit „Unkräutern“ (inkl. Testungen mit
Stellaria‑Extrakten) beschrieben; systematische Daten sind dünn. Bei empfindlicher Haut neue Salben zuerst an
kleiner Stelle testen. :contentReference[oaicite:13]{index=13}
- Innere Anwendung:
Für Schwangerschaft/Stillzeit und bei chronischen Erkrankungen liegen kaum
belastbare Daten vor; vor regelmäßiger Einnahme ärztlich beraten lassen. :contentReference[oaicite:14]{index=14}
- Vor OPs:
Wie bei vielen pflanzlichen Präparaten empfiehlt sich eine Pause vor geplanten Eingriffen
(Narkose‑/Gerinnungsaspekte). Mit dem Behandlungsteam absprechen. :contentReference[oaicite:15]{index=15}
- Resistenz/Hof & Garten:
Aus agronomischer Sicht sind sulfonylharnstoff‑resistente Biotypen dokumentiert
(Mutationen im ALS‑Gen). Das ist für Gärtner nur am Rande relevant, zeigt aber die Anpassungsfähigkeit der Art. :contentReference[oaicite:16]{index=16}
Kurz gesagt
Die Vogelmiere ist ein gut bestimmbare, essbare Wildpflanze mit interessanter Chemie: Flavonoide,
wenige oleanan‑Saponine und besondere Oligosaccharide. Labor‑ und Tierdaten sprechen für antioxidative,
mild antientzündliche und antimikrobielle Effekte – klinische Bestätigungen fehlen weitgehend.
Wer sammelt, achtet auf saubere Standorte; wer anwendet, startet niedrig dosiert, testet Hautverträglichkeit
und bespricht Daueranwendungen ärztlich.
Wichtiger Hinweis:
Dieser Text beschreibt Forschung und traditionelles Wissen und ersetzt keine Diagnose oder Therapieempfehlung.