Wermut – Bittere Kraft der Verdauung
Der Wermut( Artemisia absinthium ) ist eine traditionsreiche Heilpflanze mit intensiv bitterem Geschmack, silbrig-grünen Blättern und einer langen Geschichte in der Volksmedizin und Klosterkunde. Er gilt als eine der wirksamsten Bitterpflanzen Europas und wurde einst als Heilmittel ebenso geschätzt wie als Zutat im berühmten Absinth.
Botanik und Merkmale
Wermut gehört zur Familie der Korbblütler und ist eng verwandt mit Beifuß und Estragon. Die mehrjährige Pflanze kann bis zu 1,5 Meter hoch werden und besitzt stark duftende, fein behaarte Blätter. Die gelben Blütenköpfe erscheinen von Juli bis September. Wermut ist in ganz Europa verbreitet und liebt sonnige, trockene Standorte – oft an Wegrändern, auf Schuttplätzen oder in Naturgärten.
Inhaltsstoffe & Wirkung
Hauptwirkstoffe sind Bitterstoffe(vor allem Absinthin), ätherische Öle(u. a. Thujon), Gerbstoffe, Flavonoide und organische Säuren. Diese wirken stark verdauungsfördernd, gallentreibend, krampflösend und antimikrobiell. Aufgrund des Thujon-Gehalts gilt bei Wermut jedoch Vorsicht in der Dosierung.
Heilanwendungen in der Hausapotheke
Wermut wird traditionell bei Verdauungsbeschwerden , Blähungen, Appetitlosigkeit, Gallenschwäche und Völlegefühl eingesetzt. Auch bei Wurmbefall oder zur Anregung der Leber findet er Anwendung. In alten Hausmitteln galt Wermut als „Lebertonikum“ und wurde als Tinktur, Tee oder Wein angesetzt.
Anbau und Ernte
Wermut ist pflegeleicht und gedeiht gut im sonnigen Garten. Er benötigt durchlässige, eher magere Böden. Die Ernte erfolgt kurz vor oder während der Blüte – vor allem das Kraut (Blätter und Triebspitzen) wird genutzt. Die Pflanze kann bis in den Spätsommer hinein geschnitten und getrocknet werden.
Volksglaube & Geschichte
Bereits im Altertum wurde Wermut als heilig angesehen – sein lateinischer Name Artemisia soll auf die Göttin Artemis zurückgehen. Im Volksglauben wurde er als Schutzkraut gegen Dämonen und Krankheiten geräuchert. Hildegard von Bingen empfahl ihn als Universalmedizin gegen Gifte und zur Stärkung der inneren Organe.
Im Mittelalter war Wermut fester Bestandteil in Klostergärten und wurde sogar auf Pilgerwegen als Magenkraut verteilt. Auch heute findet er in der modernen Phytotherapie Beachtung.
Verwendung in der Küche & Vorrat
Wegen seines intensiven Bitteraromas ist Wermut in der Küche nur sparsam einsetzbar – etwa als Gewürz für schwere Speisen oder verdauungsfördernde Ansätze. Bekannt ist der Wermutwein, eine Mischung aus Weißwein, Honig und Kräutern. In der Haltbarmachung dient er als Bestandteil in Verdauungstropfen oder Tinkturen.
Sammelzeit & Verarbeitung
Geerntet wird Wermut zwischen Juni und August. Wichtig ist eine rasche Trocknung an einem luftigen, schattigen Ort. Nach dem Trocknen sollte das Kraut luftdicht gelagert und innerhalb eines Jahres verbraucht werden. Die getrockneten Blätter können als Teekraut oder für Auszüge genutzt werden.
Risiken & Nebenwirkungen
Wermut enthält das Nervengift Thujon. In kleinen Mengen ist es ungefährlich, bei Überdosierung jedoch toxisch. Daher sollte Wermut nicht in großen Mengen oder über lange Zeit eingenommen werden. Schwangere, Stillende und Menschen mit Epilepsie sollten auf Wermut verzichten.
Fazit
Wermut ist eine bittere Heilpflanze mit starker Wirkung auf Magen, Leber und Galle. Seine Anwendung erfordert Wissen und Maß, doch richtig dosiert ist er ein bewährter Bestandteil jeder natürlichen Hausapotheke. Seine alte Bedeutung als magisches und medizinisches Schutzkraut unterstreicht seinen festen Platz in der Pflanzenkunde.
Quellen (Auswahl):
- "Alte Heilpflanzen neu entdeckt", J. Fröhlich
- "Pflanzenmedizin & Bitterkräuter", S. Krämer
- Apotheken Umschau, Phytothek, 2024